Kapitel 3: Preparation

Der "Black Market Basar" war kein Markt im traditionellen Sinne. Versteckt in den Katakomben des alten Frankfurter Westends, war es eine Ansammlung versteckter Läden, illegaler Clinics und Waffenhändler, die nur durch Mundpropaganda und verschlüsselte Codes zu finden waren.

Willow bahnte sich seinen Weg durch die engen Gänge, vorbei an Cyberdocs, die Billig-Implantate verkauften, und Dealern, die mit BTL-Chips handelten. Sein Ziel war "Grimms Waffenkammer" - ein kleiner Laden, der in einer ehemaligen Toilettenanlage untergebracht war.

"Willow Ironbeard! Du lebst noch!" Grimm, ein massiver Ork mit mehr Metall als Fleisch im Gesicht, grinste breit. "Hörte, du warst im Ruhestand."

"War ich auch. Bis gestern." Willow legte seinen Credstick auf den Tresen. "Ich brauche Ausrüstung für einen High-Security Run. Das volle Programm."

"Geld ist kein Problem." Willow tippte auf den Stick. "25.000 Nuyen. Zeig mir, was du hast."

Grimm's Grinsen wurde noch breiter. Er aktivierte einen Wandschirm, der seine geheime Kollektion offenbarte: Mil-Spec Rüstungen, Hochenergie-Waffen, und elektronische Countermeasures.

Willows COM-Implant summte leise. GHOST war online und beobachtete.

"Der Faraday-Anzug da," Willow zeigte auf einen schwarzen, hauteng anliegenden Suit. "Und die Kletter-Handschuhe. Plus ein Jammer-Set."

"Zwanzig Minuten?"

Zwei Stunden später saß Willow in seinem winzigen Apartment im 50. Stockwerk eines Wohnturms und testete die neue Ausrüstung. Der Faraday-Suit saß wie eine zweite Haut, die Myomer-Handschuhe reagierten auf seine Gedanken und verstärkten seinen Griff um das Fünffache.

"Wie ein verdammter Superheld," brummte Willow, während er an der Wand hochkletterte. "Diese Handschuhe sind der Wahnsinn."

Willows Wandbildschirm erwachte zum Leben und zeigte eine detaillierte 3D-Projektion des RMBC-Towers. Das Gebäude rotierte langsam und offenbarte jeden Eingang, jeden Ventilationsschacht, jede Sicherheitskamera.

"Automatische Systeme sind manchmal schlimmer als Menschen," murmelte Willow. "Die denken nicht, die folgen nur Programmen."

"Und die restlichen zwei Minuten?"

Die 3D-Projektion zoomte näher heran und zeigte den Infiltrationsweg: Parkhaus-Ebene -5, Wartungsschacht, Kletterpartie durch den Fahrstuhlschacht bis Ebene -15, dann durch die Belüftung zum Serverraum.

"Moment mal," Willow studierte die Route. "Fahrstuhlschacht bedeutet zehn Etagen freihändig klettern? Mit Sicherheitssystemen, die mich in Stücke schneiden, wenn sie mich erwischen?"

"Was ist mit den Daten selbst? Wie erkenne ich, was ich suche?"

"PROMETHEUS." Willow prägte sich den Namen ein. "Wie die griechische Sage. Der Typ, der den Göttern das Feuer stahl und es den Menschen gab."

Etwas in GHOST's digitaler Stimme klang anders. Verbittert. Fast... verängstigt?

"Hey, Geist. Das wird schon klappen. Ich war schon in schlimmeren Situationen."

Die nächsten zwei Stunden verbrachten sie mit der Planung jedes Details. Fluchtrouten, Notfallpläne, Kommunikationsprotokolle. Als die Sonne über Neo-Frankfurt unterging und die Neonlichter der Stadt erwachten, fühlte Willow sich so vorbereitet wie seit Jahren nicht mehr.

Willow stand vor seinem Badezimmerspiegel und betrachtete sein Spiegelbild. Der alte, müde Zwerg von gestern war verschwunden. In dem schwarzen Faraday-Suit, mit den high-tech Handschuhen und dem Jammer-Pack sah er wieder aus wie ein echter Shadowrunner.

Partner. Das Wort fühlte sich gut an. Zum ersten Mal seit Jahren hatte Willow jemanden, dem er vertrauen konnte. Even wenn dieser jemand eine digitale Existenz war.

"Bereit, GHOST. Lass uns diesen Corps zeigen, dass man nicht mit Bewusstsein experimentiert."

Willow verließ sein Apartment und machte sich auf den Weg zum RMBC-Tower. In der Ferne konnte er bereits die Lichter der Charity-Gala sehen - ein Scheinwerfer-Show aus Luxus und Korruption.

Heute Nacht würde er in der Höhle des Löwen einbrechen. Aber er war nicht allein.